Holocaust-Opfer aus Ahaus
Das Ahauser Ehepaar Alfred und Hedwig Löwenstein wurde 1943 im Vernichtungslager Sobibor im heutigen Polen in der Gaskammer ermordet, ihre sechs Töchter überlebten den Holocaust durch Flucht ins Ausland. An die Familie erinnert das Projekt „Stolpersteine NRW“ des WDR, an dem sich der VHS-Arbeitskreis Ahauser Geschichte 1933-1945 gemeinsam mit Stadtarchivar Max Pfeiffer beteiligt.
Alfred Löwenstein war wie sein Vater Ledergroßhändler und Betreiber einer Lohgerberei in einem Haus in der Ulmenstraße 12 (heute: Van-Delden-Straße 12) in Ahaus, das um 1910 errichtet wurde. Heute erinnern Stolpersteine an die Familie. Alfred, der am 26. August 1870 geborene Sohn von Moses Löwenstein (1826-1898) und Bertha, geb. Hartog (1840-1877), entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie, wovon viele Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof in Ahaus Zeugnis ablegen.
Alfred war erst sechs Jahre alt, als er seine Mutter verlor. Er besuchte die Ahauser Rektoratsschule, übernahm spätestens nach dem Tod seines Vaters die „Großhandlung für Schuhmachereibedarf“ und heiratete Hedwig (genannt Hannchen) Katz, die am 16. Mai 1870 in Vacha/Thüringen geboren wurde.
Zwischen 1899 und 1914 kamen ihre sieben Kinder – sechs Töchter und ein Sohn – zur Welt. Unter dem NS-Regime steigerten sich Ausgrenzung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung, die in der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 zur Demolierung des Hauses Löwenstein und zur Plünderung des Warenbestandes führten. Alfred und Hannchen Löwenstein konnten sich vor dem wütenden Mob nur durch ein Dachfenster ins benachbarte Haus retten. Noch vor dem überstürzten Verkauf ihres Hauses flüchtete das Ehepaar Ende Dezember 1938 nach Maastricht in den Niederlanden. Nach der Besetzung Hollands durch deutsche Truppen wurden die Löwensteins ins Lager Westerbork/NL gebracht, von wo sie am 20. Juli 1943 nach Sobibor deportiert wurden und nach Ankunft drei Tage später sofort in der Gaskammer landeten.
Alfred und Hannchen Löwenstein waren bei ihrer Ermordung 72 bzw. 73 Jahre alt. Während ihr einziger Sohn Max schon mit zwei Jahren starb, überlebten ihre sechs Töchter Bertha, Martha, Else, Regina, Lydia und Ruth, die alle die Canisiusschule besucht hatten, den Holocaust, indem sie sich ins Ausland retteten. Judith Shapir, die Tochter von Regina Löwenstein, war vor einigen Jahren zu Besuch in Ahaus. Nach Alfreds und Hannchens Tochter, der promovierten Chemikerin Dr. Else Löwenstein, ist heute eine Straße im Ahauser Industriegebiet benannt.